Scheiss-Tag

Es genügt nicht, wenn sich dich Deutschen dank einer indiskutablen Schiedsrichter-Leistung und katastrophalen Auswechslungen des Gegners in den Halbfinal mogeln; und es reicht auch noch nicht, wenn Ullrich von seinem Team fallengelassen wird – nein, dieser Tag muss noch eins draufsetzen: Robert Gernhardt stirbt auch noch. Meines Erachtens ein grosser Verlust für die deutsche Literatur:
Bilden sie mal einen Satz mit…
visuell
Vi su ell die Sonne strahlt –
als würde sie dafür bezahlt.

pervers
Ja, meine Reime sind recht teuer:
per Vers bekomm ich tausend Eier

Metapher
Herr Kapitän, der Steuermann
hat grade lallend kundgetan,
er brächte jetzt das Schiff zum Sinken –
me taph er wirklich nicht mehr trinken.

Symbol
Herr Dschingis Kahn, das tut man nicht,
dass man in fremdes Land einbricht.
Nu aber ras mit ihren Horden –
Sie sym bol wahnsinnig geworden!

Garant
Der Hase trägt den Kopfverband,
seitdem er an die Wand garant.

Mandarin
Wir schafften uns den Beichtstuhl an,
weil man darin nett beichten kann.

lesbisch
Und als die erste Hörer grollten
und schon den Saal verlassen wollten,
da sprach der Dichter ungerührt
„Ich les bisch euch der Arsch abfriert.“

Weils so schön war
Paulus schrieb an die Apatschen
Ihr sollte nicht nach der Predigt klatschen.

Paulus schrieb an die Komantschen:
Erst kommt die Taufe, dann das Plantschen.

Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.

Dorlamm meint
Dichter Dorlamm lässt nur äusserst selten
andre Meinungen als seine gelten.

Meinung, sagt er, kommt nun mal von mein,
deine Meinung kann nicht meine sein.

Meine Meinung – ja, das lässt sich hören!
Deine Deinung könnte da nur stören.

Und ihr andern schweigt! Du meine Güte!
Eure Eurung steckt euch an die Hüte!

Lasst uns schweigen, Freunde! Senkt das Banner!
Dorlamm irrt. Doch formulieren kann er.

Indianergedicht
Als aber der Pferdehändler nicht abliess,
auf Winnetou einzuteufeln,
bemerkte dieser in seiner einsilbigen Art:
Mann, dein Pferd
ist nichts wert.
Hier: das Bein
ist zu klein.
Dort: das Ohr
steht nicht vor.
Da: der Gaul
hat kein Maul
Schau: der Schwanz
fehlt ihm ganz.
Und es trabt
nicht so recht,
denn das Pferd
ist ein – Specht!
Du viel dumm,
ich viel klug.
Hugh!

Katzengedicht 1
Von einer Katze lernen
heisst siegen lernen.
Wobei siegen „locker durchkommen“ meint,
also praktisch: liegen lernen

Sie sind ein sieghaftes Geschlecht,
diese Katzen.
Es gibt ihrer so so viele wie Spatzen im Land.
Doch wer streichelt schon Spatzen?

Sie ist gar kein rätselhaftes Tier,
so eine Karte.
Sie will viel Frass, etwas Liebe, doch meist
horcht sie an der Matratze.

Was eine einzige Karte uns lehrt,
lehren uns alle:
So viel wie möglich nehmen, ohne zu geben,
und dann ab in die Falle.
Gebet
Lieber Gott, nimm es hin, dass ich was Besond’res bin.
Und gib ruhig einmal zu, dass ich klüger bin als du.
Preise künftig meinen Namen, denn sonst setzt es etwas. Amen.

Ich sprach
Ich sprach nachts: Es werde Licht!
Doch heller wurde es nicht.

Ich sprach: Wasser werde Wein!
Doch das Wasser liess dies sein.

Ich sprach: Lahmer du kannst geh’n!
Doch er blieb auf Krücken stehen.

Da ward auch dem dümmsten klar,
Dass ich nicht der Heiland war.

Grad gestern bin ich beim aufräumen wie mal über sein Reclam ‚Reim und Zeit‘ gestolpert und habe kurz darin rumgeblättert, und heute ist fertig.
Schade.